Ökologie - Naturschutz - Gewässer - Umwelt im Karst

Der Gipskarst und seine Vegetation
Das bewegte und z.T. steile Relief im Südharzer Gipskarst hat Ackerbau oder Besiedlung vielerorts nicht zugelassen. Viele der hier typischen Buchenwälder sind daher naturbelassen und extrem reich an Tier- und Pflanzenarten. Über 400 Pilzarten, davon einzelne mit einzigem Vorkommen in der Bundesrepublik, konnten nachgewiesen werden. Flachgründige Böden auf Gips und Dolomit wurden seit Jahrhunderten oder -tausenden mit Ziegen oder Schafen abgehütet. Hier konnten sich Pflanzen- und mit ihnen Tierarten der südosteuropäischen Steppen ausbreiten: es sind die an Orchideen oder Enzianen reichen (Halb-) Trockenrasen.

Tiere
Typische Tiere der Karstlandschaft sind Schmetterlinge, Heuschrecken, Weinbergschnecken und Eidechsen auf diesen nährstoffarmen Grünländereien, Ringelnatter, Feuersalamander, Geburtshelferkröte und Molche in den feuchtkühlen Schluchtwäldem und Teichen der Erdfalle, Fledermäuse in den Höhlen, Uhus an Felswänden, Dachse in den Wäldern des nackten Karstes, Schwarzstörche und Steinkäuze.

Naturschutzgeschichte
Ein Teil der wertvollsten Gebiete ist bereits innerhalb der letzten 50 Jahre unter Naturschutz gestellt worden. Hier, wie auch in den besonders geschützten Biotopen, Naturdenkmälern, Landschaftsschutzgebieten sowie in den Trinkwasserschutzgebieten des Südharzes gelten besondere Schutzbestimmungen, z.B. das Veränderungsverbot oder das Wegegebot.


Eine kleine Broschüre, die auf 45 Seiten in Form von 27 Fragen und Antworten alles Wissenswerte zum Schutz und zur Entwicklung der Südharzer Karstlandschaft in Form des geplanten Biosphärenreservats Karstlandschaft Südharz informiert, können Sie hier erhalten.

Abgrenzung, Zonierung, Planung, Fördermittel, Landwirtschaft, Waldnutzung, Tourismus, Baumaßnahmen, Verkehr, wirtschaftliche Entwicklung und Naturschutz sind nur einige Stichworte. Die gemeinsame Erklärung der drei für den Südharz zuständigen Umweltminister, eine Literaturliste und eine Übersichtskarte runden das interessante Heft ab. Es wurde herausgegeben von den Naturfreunden Niedersachsen e.V. und der Gesellschaft zur Förderung des Biosphärenreservats Südharz.



Karstgrundwasser
Das Karstgrundwasser aus Brunnenbohrungen und von Natur aus reinen Quellvorkommen des Tiefengrundwasser ist reich an gelösten Stoffen und wird deshalb in Förste als gesundheitsförderndes Mineralwasser abgefüllt. Wegen seiner großen Grundwasservorkommen werden die Karstgebiete bei Herzberg am Harz (Pöhlder Becken) und bei Nordhausen für die regionale Trinkwasserversorgung genutzt.

Wie notwendig dies ist, zeigen historische und aktuelle Umweltbelastungen: Ausrottung oder Vertreibung von Tier- und Pflanzenarten, Beseitigung von Erdfällen durch Einebnung oder Auffüllung mit Hausmüll, Bauschutt, Industrieabfällen (Altlasten), Zerstörung von Karsterscheinungen, Waldböden und Biotopen durch den Abbau von Gipsgesteinen und die Schwierigkeit einer landschaftsangepassten Renaturierung, Begradigung von Gewässern, Trockenlegung von Bachschwinden, Einleitung von Abwässern in das Karstgrundwasser, Auslaufen von Heizöl oder Chemikalien beim sorglosen Umgang mit Tankanlagen oder bei Unfällen im Straßenverkehr, Aufforstung in Wäldern oder von Orchideentrockenrasen mit nicht heimischen oder standortfremden Baumarten. Erhebliche Anstrengungen werden heute erbracht, um eingetretene Umweltbelastungen zu beseitigen und die Gipskarstlandschaft Südharz für die Zukunft wieder naturnäher zu entwickeln. Aber auch heute noch werden zahlreiche wertvolle Gipskarstflächen vom fortschreitenden Gipsabbau unwiederbringlich zerstört.

Südharzer Karstgebiete im europäischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“
Der Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft hat 1992 einen zukunftsweisenden Beschluss zur Einrichtung eines zusammenhängenden ökologischen Netzes von Schutzgebieten gefasst. Dieses Schutzgebietsnetz trägt den Namen „Natura 2000“; seine Grundlage ist die Richtlinie über die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, auch „FFH-Richtlinie“ genannt. Das Kürzel FFH steht dabei für Fauna = Tierwelt, Flora = Pflanzenwelt, Habitat = Lebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten. Natura 2000 umfasst auch wertvolle Schutzgebiete im Südharzer Karst, so z.B. (nicht vollständig):

  • Südlicher Iberg mit Iberger Tropfsteinhöhle u.a. Karbonatkarsterscheinungen bei Bad Grund (Niedersachsen)
  • Gipskarstgebiet Osterode mit den Naturschutzgebieten Gipskarstlandschaft Hainholz und Lichtenstein (Niedersachsen)
  • Flussauen von Sieber, Oder und Rhume mit Flussversinkungen und Rhumequelle (Niedersachsen)
  • Steinberg mit Steinkirche bei Scharzfeld (Niedersachsen)
  • Gipskarstgebiet Bad Sachsa mit den Naturschutzgebieten Itelteich, Priorteich-Sachsenstein, Weißensee-Steinatal und Juliushütte (Niedersachsen)
  • Sülzensee und Mackenröder Wald bei Mackenrode (Thüringen)
  • Kammerforst, Himmelsberg und Mühlberg bei Niedersachswerfen (Thüringen)
  • Hunnengrube, Katzenschwanz, Wartkirche und Sattelköpfe (Thüringen)
  • Rüdigsdorfer Schweiz und Harzfelder Holz bei Rüdigsdorf (Thüringen)
  • Pfaffenköpfe (Thüringen)
  • Naturschutzgebiet Alter Stolberg (Thüringen).
    Leider sind diese Gebiete jedoch aufgrund der Abwägung mit Rohstoffinteressen z.T. viel zu klein geraten, um eine effektive Schutzwirkung ausüben zu können.

    In Sachsen-Anhalt ist die Schutzsituation aufgrund des Fehlens von Gipssteinbrüchen noch sehr viel besser. Seit 1990 gab es aktive Bemühungen, in der Natur- und Kulturlandschaft des Südharzer Karstes ein Biosphärenreservat einzurichten. Diese Pläne wurden hier erfreulicherweise schon teilweise Wirklichheit, denn das Land Sachsen-Anhalt hat seit 1999 sukzessive das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz eingerichtet; es ist seit Anfang 2002 arbeitsfähig. Die Dauerausstellung der Verwaltung unter dem Motto "Wir hier - Leben in/mit einer Landschaft" ist von Montag bis Freitag 9 - 12 Uhr und 13 - 15 Uhr oder nach Vereinbarung am Sitz des Biosphärenreservats in Roßla zu besichtigen. Kontakt: Biosphärenreservatsverwaltung "Karstlandschaft Südharz", Hallesche Straße 68, 06536 Roßla, Tel. 034651/2988-90, Fax 034651/2988-999. Über diese Adresse kann auch das hier abgebildete und anderes Infomaterial bestellt werden.

    Sie können diese Faltblätter auch online betrachten, Mausklick genügt:

    Das Naturschutz-Großprojekt Hainholz
    Das Naturschutz-Großprojekt Hainholz im Südharzer Gipskarst wurde 2001 nach 8-jähriger Laufzeit abgeschlossen. Wegen seiner bundesweit herausragenden Bedeutung für den Naturschutz im Gips wurde das Hainholz-Gebiet als Naturschutz-Großprojekt der Bundesrepublik Deutschland in einem Umfang von 8 Mio. DM von Bund, Land und Landkreis Osterode am Harz gefördert. Diese Gelder wurden insbesondere für den Ankauf und die Pflege von wertvollen Flächen verwendet und bilden die Basis für die weiteren Entwicklungsmaßnahmen im Naturschutzgebiet Hainholz. Für den Gipskarstschutz ging damit ein wichtiges Kapitel eines langen Kampfes zu Ende, der 1963 - also vor knapp 40 Jahren - mit dem geplanten 20 ha großen Steinbruch der Firma Rigips im Hainholz begann.

    REA-Gips als Naturgipsersatz – Höhlenschutz durch den Schornstein
    Bei der Verbrennung schwefelhaltiger fossiler Brennstoffe wie Kohle und Erdöl in Kraftwerken entstehen schwefeldioxidhaltige Abgase, die sogenannten Rauchgase. Vermischt mit den natürlichen Niederschlägen bilden Schwefeldioxidgase den sogenannten Sauren Regen. Infolge der durch den Gesetzgeber erlassenen Emissionsgrenzwerte wurde eine Vielzahl von Verfahren zur Rauchgasentschwefelung entwickelt. Bei den meisten Verfahren wird das Schwefeldioxid in diesen Rauchgas-Entschwefelungsanlagen (REA) letztlich zu Gips umgewandelt, der teils auf Halden abgelagert, teils in der Baustoffindustrie eingesetzt wird. Der Gips fällt als feinkörniges, feuchtes Pulver an und ist nach entsprechender Aufbereitung sogar als Spezialgips verwertbar. Mittlerweile sind nach Angaben der Gipsindustrie über 7 Mio. t REA-Gips auf dem Markt! Der REA-Gips ist rein weiß, erklärbar durch die starke Modernisierung der Kraftwerke. Die REA-Gipse z.B. des Herstellers VEAG haben Reinheiten von 98 bis 99%, reiner als jeder Naturgips aus dem Südharz! Bereits 1994 hatte eine Studie aufgezeigt, dass REA-Gipse genauso rein oder reiner als die Naturgipse sind. Gute Aussichten also, dass diese REA-Gipse künftig helfen können, den Landschaftsverbrauch im Gipskarst zu stoppen – jetzt ist die Gipsindustrie am Zuge.

    Höhlen sind komplexe Lebensräume
    Die Harzer Naturhöhlen gehören zu den empfindlichsten Lebensräumen und Geotopen, die es in unserer Landschaft gibt. Der aufmerksame Besucher einer Höhle wird bald bemerken, wie komplex das Zusammenwirken von geologischer Struktur, langer erdgeschichtlicher Entwicklung, empfindlicher Lebewelt und verletzlicher Wasserqualität einer Höhle sein kann. Tatsächlich stellt jede Naturhöhle nicht nur ein einzigartiges geologisches Naturdenkmal dar; vielmehr beherbergen diese Hohlräume auch seit Jahrtausenden eingespielte Ökosysteme. Höhlen bieten insbesondere in den Wintermonaten für die heimischen Fledermäusen wichtige Überwinterungsquartiere. Aus diesem Grund ist das Betreten der Höhlen in der Zeit vom 1. November bis zum 31. April eines jeden Jahres nur in begründeten Ausnahmefällen gestattet.

    Höhlenverschlüsse - immer häufiger notwendig
    Um den mitunter ausufernden und für viele Höhlentiere tödlichen Höhlentourismus unter Kontrolle zu bringen und wenigstens die letzten Höhlenrefugien des Harzes unter effektiven Naturschutz zu stellen, greifen Höhlenforscher und Behörden immer häufiger zum letzten Mittel: den Höhlenverschluss. Bitte haben Sie Verständnis für diese Verschlüsse, wenn Sie im Gelände darauf stoßen, und respektieren Sie diesen Schutz der Höhlen - er ist unverzichtbar!

    Die Jettenhöhle bittet um Ruhe
    Die Gipskarstlandschaft Hainholz mit ihrem geologischen Formenschatz sowie seltenen Tier- und Pflanzenarten steht - nachdem seinerzeit die Anlage eines Steinbruchs verhindert werden konnte - unter Naturschutz. Damit im Hainholz die Natur effektiv geschützt wird und auch verlorengegangene Lebensräume renaturiert werden können, hat sogar das Bundesumweltministerium finanziell mitgeholfen. Ziel des Naturschutzprojekts ist die Förderung des Gebiets als Naturwald; folglich greift der Mensch nicht mehr ein und ein faszinierender Urwald auf Gips entsteht!

    Im Zuge des Naturschutzprojekts Hainholz planten die um den Schutz der Höhlen besorgten Naturschutzbehörden auch die Vergitterung der Jettenhöhle, um deren wertvolle Fledermauspopulation besser schützen zu können. Denn in der Tat beherbergt die Jettenhöhle - für viele Besucher kaum zu erkennen - ein bedeutendes Vorkommen von winterschlafenden Fledermäusen, insbesondere Großen Mausohren, die durch europäisches Gesetz unter besonderem Schutz stehen. Weil alle Fledermausarten vom Aussterben bedroht sind und besonderer Schutzmaßnahmen bedürfen, schien dieser Plan zunächst logisch zu sein. Ein Verschluss hätte zwar für die schutzwürdige Fledermauspopulation einen kurzfristigen Wert gehabt, doch hätte der sich damals bereits abzeichnende öffentliche Aufschrei über den Verschluss der Höhle mit dem entsprechenden Akzeptanzverlust für den Naturschutz in der Abwägung einen sehr viel größeren Schaden angerichtet. Die Südharzer Bevölkerung hängt einfach zu stark an der Jettenhöhle. Zudem hätte ein stabiles, aufbruchsicheres Gitter am Mundloch der Jettenhöhle wegen des weichen Gipsgesteins nur mit erheblicher Verunstaltung des Eingangsbereiches hergestellt werden können.

    Die Harzer Höhlenforscher haben daher als Alternative eine gemeinsame Aktion zur touristischen Beruhigung der Jettenhöhle vorgeschlagen, um den Besucherdruck auf die Höhle zurückzunehmen. Es ist wichtig, die Jettenhöhle aus dem Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, Karteneinträge zu unterlassen, keine Tourismuswerbung für die Höhle durchzuführen und somit die Besucherströme Höhlenschutz verträglich umzulenken. Wenn es gelingt, die Besucher auf dem Hainholz-Rundwanderweg zu halten und bei zu großen „Drang untertage“ in die ausgewiesenen Schauhöhlen und Besucherbergwerke des Harzes umzuleiten und in der Folge dieser Bemühungen ein Rückgang der Besucherzahlen in der Jettenhöhle eintritt, kann für den Naturschutz ein höherer Effekt erreicht werden als durch ein Gitter, das großen Ärger verursacht und ständig aufgebrochen würde! Dafür brauchen wir aber Ihre Hilfe! Wir alle sind an der Reihe, auch Sie, lieber Leser und liebe Leserin, mit unseren Mitteln dazu beizutragen, die Jettenhöhle touristisch zu beruhigen. Bitte helfen Sie mit! Verschaffen wir der Jettenhöhle die verdiente Ruhe, dann wird es auch kein Gitter geben. Die Höhle und ihre Bewohner, die Fledermäuse, werden es Ihnen danken!

    Schutzwürdige Erdfälle
    Die Erdfälle, von denen wir bei aufmerksamer Suche tausende größerer und kleinerer Formen im Südharzer Sulfatkarst finden, sind die "Augen" im Gesicht des Karstes - Hohlformen, die durch den Einbruch von alten Höhlen entstanden sind. Oft sind die für den Naturschutz wertvollen Erdfälle wassergefüllt und enthalten Feuchtlebensräume – so der Jues-See oder der Ochsenpfuhl in Herzberg. Durch wechselnde Wasserstände im Karst haben sich hier häufig verschiedene Pflanzengesellschaften mit den zugehörigen Tierarten angesiedelt. Rohrkolbenbestände, Binsen- und Seggenflächen, Feuchtwiesen sowie kleinere Gehölz- und Baumgruppen bilden in vielen Erdfällen eine schutzwürdige Einheit der Biotope mit dem Geotop. Sie sind Lebensraum für viele Brutvögel, aber auch unsere heimischen Fledermäuse haben über den insektenreichen Wasserflächen ihre Jagdreviere und verschiedene Amphibienarten kommen hier vor. Diese Artenfülle deutet an, welches beachtliche biologische Potential die Erdfälle in der heutigen Kulturlandschaft darstellen können. Die Südharz-Landkreise gehören zu den an Erdfällen reichsten Landkreisen Deutschlands.

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