Auslöser für Einrichtung eines Glasmuseums

Entdeckung einer alten Glashütte

Ein Fest ist es für jeden Archäologen und Heimatforscher, wenn er im Wald die Reste einer Glashütte entdeckt. Kaum jemand kann sich der Faszination einer solchen Produktionsstätte, eines solchen Materials entziehen. So ging es auch dem Ortsbürgermeister von Steina, Jörge Schiers, als er 1991 die Glashütte von Kronshagen entdeckte. Die Entdeckung war nicht nur der Auslöser für die Einrichtung eines Glasmuseums in Steina im Jahr 1994, sondern führte auch zu weiteren Fundstellen von Glashütten.

Am besten erforscht sind derzeit wohl die Hüttenstellen im Steinatal durch J. Schier und im Wiedaer Revier durch die Arbeitsgemeinschaft Archäologie. Hier dürfen Rudolf Jörn und Ursula Rempel als Glashütten-Experten angesprochen werden. Auch Fritz Reinboth aus Walkenried hatte schon 1964 etliche Glashütten-Stellen, unter anderem im Rotenberg und bei Bad Lauterberg aufgespürt. Inzwischen konnten vom Beauftragten für die Archäologische Denkmalpflege im Landkreis Osterode, Klaus Gehmlich, weitere Glashütten bei Herzberg, Pöhlde, Barbis, Bad Lauterberg und Lonau lokalisiert werden. Die große Zahl der Befunde zeigt, welche Bedeutung die Glasproduktion im 16. und 17. Jahrhundert hier am südwestlichen Harzrand besaß, denn noch konnte nicht allen Hinweisen auf weitere Glashütten, unter anderem bei Sieber, Gittelde, Windhausen und Bad Grund nachgegangen werden. Hinzu kommt, dass vor allem die Glasöfen gesicherte Hinweise auf Glashütten darstellen, diese aber häufig zerstört oder weggeräumt sind. Das gilt zum Beispiel für Pöhlde und Lonau.

Ältere Lonauer können sich noch gut erinnern, dass sie die glänzenden Glasschlacken und Glasreste als Kinder aus dem Bachbett gesammelt und damit gespielt haben. Die Stücke galten den Kindern als Juwelen und Edelsteine. Bei Erdarbeiten ist deshalb in Lonau Vorsicht geboten, um Relikte der ehemaligen Glashütten nicht weiter zu zerstören.

Waldglas besteht aus Quarz, Kalk, Alkalioxyd und Metallen. Quarz ist dabei der eigentliche Glasbildner, Kalk gewährleistet die Halbarkeit des Glases und Pottasche (Alkalioxyd) wurde als Flussmittel und zum Herabsetzen der Schmelztemperatur für Quarz eingesetzt. Charakteristisch für das Waldglas ist seine grüne Farbe, die durch Eisenoxyd bestimmt war. Die Produktpalette in den Glashütten reichte von Butzenscheiben über Flaschen und G1äser bis zu Knöpfen.

Die Waldglashütten bildeten eine eigene Epoche in der Geschichte des Glases. Die G1äsnermeister, die hier am Südwestharz ihre Hütten betrieben, kamen aus dem traditionsreichen Waldglashütten Böhmens, des Bayerischen Waldes und des Spessarts. Sie wohnten mit ihren Familien im Wald und bildeten eine streng organisierte Zunft. G1äsner heirateten vorwiegend untereinander. Die Namen bekannter Gläsner-Dynastien wie Kaufhold, Fleckenstein, Reuter, Fricke oder Barhels sind überall da anzutreffen, wo einst Glas produziert wurde.

Am 2. Juni 1659 brannte das Haus des Glasermeisters Julius Fricke im Rotenberg ab. Der Meister selbst kam bei diesem Brand ums Leben. Ein Junge von 12 Jahren, der auf der Hütte gearbeitet hat, wurde wegen Brandstiftung angeklagt und zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung fand am 8. Juni 1659 statt: "...in der Salzwiesen ist ein Stein mitten in den Bach gelegt worden, darauf hat der Junge treten müssen ..." Anschließend wurde der Stein unter dem gefesselten Jungen weggezogen und Julius Barthels auf diese Weise ertränkt.

Wichtigste Grundlage für den Glashüttenbetrieb war ein ausreichender Hartholz- Waldbestand. Laubholz wurde als Scheiterholz für die Befeuerung der Öfen und zur Gewinnung der Pottasche benötigt. Der riesige Holzverbrauch - etwa 2 000 bis 3 000 Kubikmeter Holz pro Jahr und Glashütte - sowie die Konkurrenz zum Bergbau, der sich während dieser Zeit erneut im Aufbau befand und ebenfalls vom Rohstoff Holz abhängig war, erschöpften die Vorräte des Waldes sehr schnell. Zudem brachte der Bergbau dem Landesherrn noch mehr Profit als der hohe Glashütten-Zins. Deshalb verließen die Gläsner nach und nach den Harz. Die letzten Hüttenfeuer erloschen allerdings erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts.

In der Ausstellung "Damit die Jahrtausende nicht spurlos vergehen..." 1987 wurden mit den Funden aus der Weinglashütte bei Wieda diese schon fast vergessenen Produkte aus unserer näheren Umgebung der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Das Glasmuseum in Steina bewahrt dieses Andenken an ein altes und für den Harz und sein Vorland einst wichtiges Handwerk und eine große Kunst in seinen Räumen und zeigt anschaulich, was man vor über 300 Jahren bereits aus Glas in unserem Raum zu fertigen wusste.

Klaus Gehmlich

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