Rupp, H. (2020): Chiroptera (Mammalia) der archäologischen Fundstelle der Lichtensteinhöhle im südwestlichen Harzvorland – Diversität und Paläoökologie. – Abhandlungen zur Karst- und Höhlenkunde, Heft 38, 146 S., herausgegeben vom Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher, München 2020. ISSN 9179-3969, 20,- €. Bezug bei der Autorin unter hilderupp@posteo.de

Die Dissertation von Hildegard Rupp, verfasst an der TU Braunschweig, widmet sich den subfossilen Fledermausknochen aus den archäologischen Schichten der Lichtensteinhöhle. Zuvor hatte diese Höhle bei Osterode am Harz durch ihre archäologischen Funde aus der späten Bronzezeit überregionale Bekanntheit erlangt. In Grablegungen der Kulturstufen des Hallstatt B1 bis Hallstatt B2/3 konnte mittels DNA-Studien die Verwandtschaft der Bestatteten über mindestens fünf Generationen hinweg festgestellt werden. Kurioserweise konnte zudem über DNA-Massentests der alteingesessenen Familien umliegender Orte ein verwandtschaftlicher Bezug zu den rund 3.000 Jahre zuvor in der Höhle bestatteten Personen nachgewiesen werden. Der Ablagerungszeitraum der Schichten umfasst einen Zeitraum von über 100 Jahren, in denen der Mensch bereits einen starken Einfluss auf seine Umwelt genommen hat.

Die aktuelle Arbeit widmet sich im Kern der Diversität der Fledermausfauna und der Rekonstruktion der Umwelt im Umfeld der Höhle basierend auf deren Artenzusammensetzung. Da alle Arten, die hier für die späte Bronzezeit nachgewiesen werden konnten, auch heute noch in der Höhle und im Umland vorkommen beziehungsweise erst im späten 20. Jh. ausgestorben sind, ergeben sich hier konkrete Ansätze für moderne Artenschutzkonzepte. Anhand von 187 Schädeln, 410 Unterkiefern und 696 Oberarmknochen konnten folgende 12 Arten nachgewiesen werden: Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros), Mausohr (Myotis myotis), Bechsteinfledermaus (M. bechsteinii), Teichfledermaus (M. dasycneme), Wasserfledermaus (M. daubentonii), Fransenfledermaus (M. nattereri), Brandtfledermaus (M. brandtii), Nymphenfledermaus (M. alcathoe), Bartfledermaus (M. mystacinus), Braunes Langohr (Plecotus auritus), Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) und Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus). Zusätzlich wurde die Bestimmung der kryptischen Arten Brandt-, Nymphen- und Bartfledermaus durch genetische Untersuchungen verifiziert. Die Unterscheidung der Arten erfolgt ansonsten über morphometrische Merkmale und liefert einen umfangreichen Datensatz, der als Referenz für künftige Arbeiten von Wert sein wird. Interessanterweise konnte so das Vorkommen der Nymphenfledermaus in der späten Bronzezeit klar belegt werden. Während sie in der heutigen Vergesellschaftung zu den seltensten Vertretern zählt, war sie in der Vergangenheit offensichtlich wesentlich häufiger.

Da hierzulande heute praktisch alle Fledermausarten auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen, gilt dieser Bedrohungsstatus zwangsläufig auch für die kryptischen Arten, die erst seit kurzem bekannt und nachgewiesen sind. Zugleich ist sehr wenig über ihre ökologischen Ansprüche bekannt, so dass unklar ist, welche Habitate bei der Renaturierung und Waldumbaumaßnahmen für diese Arten förderlich wären. Hier schafft die Arbeit einen interessanten Brückenschlag zu modernen Artenschutzkonzepten und gibt damit eine klare Empfehlung, die beispielsweise im Harz bei Waldumbaumaßnahmen mit Blick auf den voranschreitenden Klimawandel konkret umsetzbar ist.

Matthias López Correa, GZN Universität Erlangen-Nürnberg & CNR-ISMAR, Bologna


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